Sonnendimmen zur Klimarettung? Ein Balanceakt zwischen Chancen und Risiken
Sollten wir das Licht der Sonne dimmen, um den voranschreitenden Klimawandel zu bekämpfen? Ein Konzept, so faszinierend wie kontrovers, steht im Rampenlicht der internationalen Diskussion. Die Schweiz hat kürzlich einen Vorschlag eingereicht, mit dem Ziel, eine globale Debatte anzustossen und eine Expertinn:engruppe zu gründen, die die Risiken, aber auch die möglichen Vorteile des Solar Geoengineering gründlich untersucht.
Daniel Frei – Stellen Sie sich vor, wir könnten einen riesigen Sonnenschirm über die Erde spannen, der uns vor der intensiven Wärme schützt. Genau das versucht das Solar Geoengineering – ein wissenschaftlicher Ansatz, der darauf abzielt, einen Teil der Sonnenstrahlen zurück ins All zu reflektieren, bevor sie unseren Planeten erwärmen. Eine Methode, die im Gespräch ist, ist das Einbringen von Schwefeldioxidpartikeln in die Stratosphäre, ähnlich dem natürlichen Prozess, der nach grossen Vulkanausbrüchen auftritt.
Die Waage zwischen Nutzen und Gefahren
Die Idee klingt verlockend: Ein schneller, relativ kostengünstiger Weg, um der Erderwärmung Einhalt zu gebieten. Doch wie bei allen grossen Eingriffen in die Natur gibt es auch hier eine Kehrseite. Wissenschaftler:innen warnen vor unvorhersehbaren Folgen, wie Veränderungen im globalen Niederschlagsmuster, die zu Dürren oder Überschwemmungen führen könnten. Die Befürchtung ist gross, dass wir, einmal begonnen, in eine Abhängigkeit geraten könnten, aus der es kein Zurück mehr gibt.
Die Schweizer Initiative: Ein Aufruf zur Vorsicht
Angesichts dieser Risiken bringt die Schweiz eine Resolution in die Umweltversammlung der Vereinten Nationen ein. Ihr Ziel: Eine globale Debatte anzustossen und eine Expertinn:engruppe zu gründen, die die Risiken, aber auch die möglichen Vorteile des Solar Geoengineering gründlich untersucht. Ein solches Gremium könnte Richtlinien für die Forschung und mögliche Tests festlegen, um ein wildes Experimentieren zu verhindern. Die Schweizer:innen betonen, dass es nicht darum geht, die Technologie zu fördern, sondern um eine fundierte und transparente Diskussion.
Eine geteilte Weltmeinung
Die internationale Reaktion auf den Schweizer Vorschlag ist gemischt. Während einige Länder und Forscher:innen die Notwendigkeit sehen, alle Optionen auf dem Tisch zu halten, fürchten andere, dass die blosse Diskussion über Solar Geoengineering ein gefährliches Signal senden könnte. Sie argumentieren, dass die Konzentration auf solche Technologien von den dringend erforderlichen Massnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ablenkt. Die USA und andere Akteure sind bereits tief in der Forschung verankert, während Umweltgruppen ein klares Verbot fordern.
Zukunftsaussichten: Ein schmaler Grat
Die Frage, ob das Dimmen der Sonne ein genialer Schachzug oder ein gefährliches Spiel ist, bleibt offen. Während die Weltgemeinschaft über die beste Vorgehensweise debattiert, steht eines fest: Die Zeit drängt. Der Klimawandel wartet nicht auf unsere Entscheidungen. Doch bevor wir uns auf so unsicheres Terrain wagen, müssen wir uns der möglichen Folgen bewusst sein und sicherstellen, dass wir nicht die Probleme von morgen mit den Lösungen von heute erschaffen. Die Schweizer Initiative könnte ein erster Schritt sein, um eine globale, transparente und ethisch verantwortungsvolle Debatte über Solar Geoengineering zu führen.
Zum Tages-Anzeiger-Artikel vom 22. Februar 2024: Schweiz will neue UNO-Debatte über Dimmen der Sonne anstossen