Mythos Multitasking: Warum es unser Gehirn f*%&@, Menschen es nicht wirklich können und was die Alternative ist
Multitasking gilt als effizient, doch unser Gehirn ist dafür nicht gemacht. Studien zeigen, dass der ständige Wechsel zwischen Aufgaben unsere Arbeitsgeschwindigkeit und -qualität verringert und zu erhöhtem Stress führt. Statt effizient zu arbeiten, leiden wir unter «task switch costs», die unsere kognitiven Ressourcen erschöpfen und die Fehlerquote erhöhen. Monotasking, also das konzentrierte Bearbeiten einzelner Aufgaben, steigert hingegen die Produktivität, reduziert Stress und fördert die Gesundheit. Wissenschaftlich belegt ist: Weniger ist mehr, wenn es um die gleichzeitige Bewältigung von Aufgaben geht.
Daniel Frei – Multitasking beschreibt die Fähigkeit, mehrere Aufgaben parallel zu erledigen. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Computerwelt, wo Prozessoren mehrere Aufgaben scheinbar gleichzeitig abarbeiten, indem sie rasch zwischen ihnen wechseln. Beim Menschen bedeutet es zum Beispiel, gleichzeitig zu telefonieren, E-Mails zu schreiben und an einer Präsentation zu arbeiten.
Aber warum ist Multitasking für Menschen so schwierig?
Warum Multitasking für Menschen so schwierig ist
Kognitive Ressourcen
Das menschliche Gehirn hat begrenzte kognitive Ressourcen. Wenn wir versuchen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, müssen diese Ressourcen aufgeteilt werden. Das führt dazu, dass jede Aufgabe entsprechend weniger effizient ausgeführt wird. Laut einer Studie der American Psychological Association entstehen durch das ständige Wechseln zwischen Aufgaben sogenannte “task switch costs”, die unsere Arbeitsgeschwindigkeit und -effizienz verringern. Diese Kosten treten auf, weil das Gehirn Zeit und Energie benötigt, um sich auf eine neue Aufgabe einzustellen und sich wieder an die Regeln und Anforderungen der vorherigen Aufgabe zu erinnern.
Eine weitere Studie fand heraus, dass das Multitasking unsere Fähigkeit zur Informationsverarbeitung beeinträchtigt. Dies liegt daran, dass das Gehirn beim Wechseln zwischen Aufgaben Informationen verliert und weniger Kapazität hat, neue Informationen zu speichern und zu verarbeiten. Dies führt zu einer insgesamt geringeren kognitiven Leistung und erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlern.
Aufmerksamkeitsverlust
Beim Wechsel zwischen Aufgaben bleibt ein Teil unserer Aufmerksamkeit bei der vorherigen Aufgabe hängen. Dieser sogenannte “attention residue” erschwert es, sich vollständig auf die neue Aufgabe zu konzentrieren. Das bedeutet, dass wir nicht nur langsamer arbeiten, sondern auch weniger genau sind. Studien zeigen, dass dieser Verlust an Aufmerksamkeit besonders gross ist, wenn die Aufgaben komplex oder kognitiv anspruchsvoll sind.
Erhöhte Fehleranfälligkeit
Studien zeigen weiter, dass Multitasking die Fehlerquote erhöht. Das Gehirn verliert beim Wechseln zwischen Aufgaben Informationen, was die Wahrscheinlichkeit von Fehlern erhöht. Eine Untersuchung von Verywell Mind zeigt, dass Studierende, die während des Unterrichts multitasken, tendenziell niedrigere Noten haben und länger brauchen, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Diese erhöhte Fehleranfälligkeit wurde auch bei Erwachsenen beobachtet, die beim Multitasking mehr Fehler bei komplexen Aufgaben machen.
Eine andere Studie untersuchte die Auswirkungen des Multitaskings auf die Arbeitsleistung und fand heraus, dass Personen, die häufig multitasken, oft ihre Fähigkeiten überschätzen und häufiger Fehler machen. Diese Überbewertung der eigenen Fähigkeiten führt dazu, dass Multitasker:innen anfälliger für Ablenkungen sind und weniger effizient arbeiten.
Verlangsamung der Arbeit
Multitasking führt dazu, dass Aufgaben länger dauern als bei fokussierter Abarbeitung. Der Zeitverlust durch das ständige Wechseln kann erheblich sein, besonders in sicherheitsrelevanten oder produktiven Umgebungen wie beim Autofahren. Diese Verlangsamung tritt auf, weil das Gehirn Zeit benötigt, um sich nach jedem Wechsel neu zu orientieren und die Anforderungen der neuen Aufgabe zu verstehen. Dies kann besonders problematisch sein in Situationen, die hohe Konzentration und Genauigkeit erfordern.
Multitasking und Stress
Multitasking kann zu erhöhtem Stress führen. Eine Studie im Journal PLOS ONE zeigte, dass Multitasking und Arbeitsunterbrechungen zu physiologischen Stressreaktionen führen, die langfristig gesundheitsschädlich sein können. Diese Stressreaktionen können das Immunsystem schwächen und zu chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes führen. Die Studie fand auch heraus, dass Multitasking zu einer erhöhten Aktivität des sympathischen Nervensystems führt, was langfristig schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.
Zusätzlich ergab eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse, dass Multitasking zu einer signifikant höheren Aktivität des sympathischen Nervensystems und einer niedrigeren Aktivität des parasympathischen Nervensystems führt. Diese Ungleichgewichte können zu chronischem Stress und damit verbundenen Gesundheitsproblemen führen.
Die Ausnahme: Musiker:innen?
Schlagzeuger:innen und Pianistinn:en scheinen Multitasking-Fähigkeiten zu besitzen. In Wirklichkeit haben sie jedoch durch intensives Üben bestimmte Bewegungen automatisiert, die weniger bewusste kognitive Ressourcen erfordern. Diese Automatisierung ermöglicht es ihnen, komplexe Bewegungen gleichzeitig auszuführen, was nicht mit dem typischen Multitasking vergleichbar ist. Diese Fähigkeiten basieren auf einer langjährigen, intensiven Praxis, die spezifische motorische und kognitive Muster im Gehirn fest verankert.
Die effektivere Alternative: Monotasking
Fokussierte Aufmerksamkeit
Monotasking bedeutet, sich auf eine einzige Aufgabe zu konzentrieren, bis diese abgeschlossen ist. Dies fördert eine tiefere und qualitativ hochwertigere Bearbeitung der Aufgabe. Studien haben gezeigt, dass Personen, die monotasken, effizienter arbeiten und weniger Fehler machen. Sie können sich besser auf die Details ihrer Arbeit konzentrieren und sind weniger anfällig für Ablenkungen.
Erhöhte Produktivität
Ohne die ständigen Unterbrechungen des Multitaskings können Aufgaben schneller und effizienter erledigt werden. Die Zeit, die beim Wechseln zwischen Aufgaben verloren geht, wird eingespart. Eine Untersuchung fand heraus, dass Personen, die monotasken, oft schneller mit ihren Aufgaben fertig werden und dabei eine höhere Qualität ihrer Arbeit aufrechterhalten.
Weniger Stress und bessere Gesundheit
Monotasking reduziert kognitiven Stress und mentale Ermüdung, was zu besserer geistiger Gesundheit und einem geringeren Risiko für Burn-out führt. Studien zeigen, dass Personen, die sich auf eine Aufgabe konzentrieren, weniger gestresst sind und eine bessere allgemeine Gesundheit haben. Dies liegt daran, dass sie ihre kognitiven Ressourcen effizienter nutzen und weniger oft zwischen Aufgaben hin- und herwechseln müssen.
Bessere Gedächtnisleistung und Kreativität
Eine fokussierte Herangehensweise fördert die Speicherung von Informationen im Langzeitgedächtnis und ermöglicht eine tiefere Verarbeitung und Integration von Wissen. Dies unterstützt Kreativität und innovative Problemlösungen. Forschungen haben gezeigt, dass Personen, die sich auf eine Aufgabe konzentrieren, bessere Gedächtnisleistungen und eine höhere Kreativität aufweisen.
Fazit
Obwohl der Mythos des Multitaskings weitverbreitet ist, zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse deutlich, dass das menschliche Gehirn nicht effektiv mehrere komplexe Aufgaben gleichzeitig bewältigen kann. Multitasking führt zu geringerer Produktivität, erhöhter Fehleranfälligkeit und mehr Stress. Monotasking, also die konzentrierte Abarbeitung einzelner Aufgaben, bietet eine effektive Alternative, die zu besserer Leistung, Gesundheit und Wohlbefinden führt. Forschungen haben gezeigt, dass eine fokussierte Herangehensweise die Speicherung von Informationen im Langzeitgedächtnis verbessert und kreative Problemlösungen unterstützt.