Ich zuerst: über Selbstfürsorge
Warum «Ich zuerst» nicht Egoismus, sondern der Schlüssel zu einem erfüllten Leben und echter Hilfe für andere ist. Über Selbstfürsorge und wie sie die Basis für ein gesundes, ausgewogenes Dasein legt. Über die Tiefen des Helfersyndroms, und wie Selbstliebe und das Setzen von Grenzen Ihnen und Ihren Liebsten zugutekommen können. Ein Beitrag für alle, die lernen möchten, sich selbst zu achten, um besser für andere da sein zu können.
Daniel Frei – «Ich zuerst» mag zunächst egoistisch klingen, aber bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als Grundstein für ein gesundes, erfülltes Leben und die Basis, um anderen effektiv helfen zu können. «Du kannst nicht aus einem leeren Becher giessen,» sagt ein altes Sprichwort, und es trifft den Nagel auf den Kopf. Wenn wir uns selbst vernachlässigen, leiden nicht nur wir, sondern auch die Menschen um uns.
Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit – sie ist die Quelle, aus der wir Energie, Mitgefühl und Kraft schöpfen. Selbstfürsorge beginnt mit dem Erkennen und Akzeptieren der eigenen Bedürfnisse. Es geht darum, sich selbst zu fragen: «Was benötige ich wirklich, um mich wohlzufühlen?» Dies erfordert ehrliche Selbstreflexion und den Mut, Prioritäten zu setzen. Denn nur wenn wir gut für uns selbst sorgen, können wir auch für andere da sein.
Das Helfersyndrom
In diesem Kontext ist es wesentlich, kurz das sogenannte Helfersyndrom zu betrachten – ein Zustand, in dem jemand seine eigenen Bedürfnisse ständig hintanstellt, um anderen zu helfen, oft zum Nachteil der eigenen Gesundheit und des Wohlbefindens.
Woher kommt das Helfersyndrom?
Das Helfersyndrom kann aus verschiedenen psychologischen und sozialen Quellen stammen:
Frühe Lebenserfahrungen: Menschen mit einem Helfersyndrom hatten häufig in ihrer Kindheit die Rolle des «Pflegers» inne, entweder weil sie früh Verantwortung in der Familie übernehmen mussten oder weil sie emotionale Anerkennung nur dann erhielten, wenn sie sich um andere kümmerten.
Geringes Selbstwertgefühl: Einige Menschen entwickeln das Helfersyndrom als eine Art, ihr eigenes Selbstwertgefühl zu steigern. Indem sie anderen helfen, fühlen sie sich nützlich und wertvoll.
Sozialisation und Kultur: Manchmal wird das Helfersyndrom durch die kulturellen oder familiären Erwartungen gefördert, insbesondere in Umgebungen, in denen Fürsorge und Selbstlosigkeit stark valorisiert werden.
Vermeidung eigener Probleme: Das Helfen kann auch eine Flucht darstellen, um nicht eigene Probleme oder unangenehme Gefühle angehen zu müssen.
Warum verunmöglicht es Selbstliebe?
Vernachlässigung eigener Bedürfnisse: Menschen mit einem Helfersyndrom neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu ignorieren oder zu minimieren. Dies führt oft zu Erschöpfung, Ressentiments und einem Gefühl der Leere.
Abhängigkeit von der Anerkennung anderer: Wenn das Selbstwertgefühl stark von der Dankbarkeit oder Anerkennung anderer abhängt, kann dies zu einer ungesunden Abhängigkeit führen. Diese Personen können Schwierigkeiten haben, Liebe und Wertschätzung sich selbst gegenüber zu empfinden, wenn sie nicht von aussen bestätigt werden.
Grenzen setzen: Die Unfähigkeit, angemessene Grenzen zu setzen und «Nein» zu sagen, kann dazu führen, dass die eigenen Grenzen ständig überschritten werden. Ohne gesunde Grenzen ist es schwierig, Selbstachtung und Selbstliebe zu entwickeln.
Inneres Gleichgewicht: Ein Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen kann die innere Balance stören. Selbstliebe erfordert ein Gleichgewicht zwischen Selbstfürsorge und der Sorge für andere.
Das Helfersyndrom ist nicht unüberwindbar. Durch Selbstreflexion, Psychotherapie und das Erlernen gesunder Grenzen kann jemand, der unter dem Helfersyndrom leidet, einen gesünderen Umgang mit dem eigenen Bedürfnis zu helfen entwickeln und dadurch auch Raum für Selbstliebe schaffen.
Die Praxis der Selbstliebe
Die Praxis der Selbstliebe ist das tägliche Bekenntnis zu sich selbst. Es bedeutet, sich selbst mit der gleichen Geduld, Güte und Vergebung zu behandeln, die wir oft anderen entgegenbringen. «Wenn Ihr Mitgefühl Sie selbst nicht einschliesst, ist es unvollständig.», wird Buddha zitiert, und Louise Hay, US-amerikanische Sachbuchautorin der New Age-Bewegung, mahnte: «Liebe dich selbst genug, um ein gesundes Leben zu führen». Dies umfasst gesunde Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf, aber auch geistige und emotionale Pflege.
Grenzen setzen
Ein wesentlicher Aspekt der Selbstfürsorge ist das Setzen von Grenzen. Nein zu sagen, ohne sich schuldig zu fühlen, ist eine Kunst, die erlernt werden muss. Es bedeutet nicht, egoistisch zu sein, sondern die eigenen Grenzen zu respektieren und zu wahren. Indem wir unsere Grenzen setzen, schützen wir unsere Energie und unser Wohlbefinden.
Zeit für sich
In der Stille liegt die Kraft. Zeit allein zu verbringen, ist essenziell, um in Kontakt mit sich selbst zu treten und die eigene Mitte zu finden. Es ist eine Zeit, in der wir unsere Batterien wieder aufladen, nachdenken und einfach «sein» können, ohne die Erwartungen anderer zu erfüllen.
Die Balance finden
Die Balance zwischen Geben und Nehmen ist entscheidend. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir, um effektiv helfen zu können, selbst stark und ausgeglichen sein müssen. Es ist ein Akt des Gleichgewichts, bei dem wir lernen müssen, unsere eigenen Bedürfnisse mit denen anderer in Einklang zu bringen.
Abschluss: Selbstfürsorge als Lebensphilosophie
Selbstfürsorge sollte eine Lebensphilosophie sein, kein einmaliger Akt. Sie ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben und der erste Schritt, um anderen wirksam helfen zu können. Erinnern Sie sich daran, dass es nicht selbstsüchtig ist, sich um sich selbst zu kümmern. Es ist die Grundlage dafür, ein liebevoller, mitfühlender und hilfreicher Mensch für andere zu sein.
Indem wir uns selbst an die erste Stelle setzen, nicht aus Egoismus, sondern aus Selbstachtung, öffnen wir die Tür zu echtem Mitgefühl und wahrer Hilfe für andere. «Achte auf dich selbst, um auf andere achten zu können», ist nicht nur ein Rat, es ist eine Lebensweise.