Unterschiede in der Behandlung von CPTSD und PTSD
Die Therapie von komplexer posttraumatischer Belastungsstörung (CPTSD) unterscheidet sich grundlegend von der klassischen PTSD-Behandlung. Neben der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse stehen emotionale Regulation, Bindungsarbeit und die Heilung eines gestörten Selbstbildes im Zentrum.
Daniel Frei – Die Behandlung von CPTSD unterscheidet sich grundlegend von der Behandlung der klassischen posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD). Während sich PTSD-Therapien oft auf die Verarbeitung eines einzelnen Traumas fokussieren, erfordert die Behandlung von CPTSD einen ganzheitlicheren Ansatz, der auch emotionale Dysregulation, Beziehungsprobleme und ein gestörtes Selbstbild berücksichtigt. Wesentliche Unterschiede
Komplexität der Symptome: PTSD-Therapien konzentrieren sich auf die Integration eines isolierten traumatischen Ereignisses. CPTSD-Therapien müssen hingegen langanhaltende und vielschichtige Traumata adressieren.
Selbstbild und Beziehungen: Ein zentrales Ziel bei CPTSD ist die Bearbeitung eines negativen Selbstbildes und gestörter Bindungsmuster, die bei PTSD weniger zentral sind.
Behandlungsdauer: Aufgrund der Komplexität dauert die Behandlung von CPTSD meist länger und erfordert umfassendere Therapieziele.
Wirksame Therapieansätze bei CPTSD
Die Behandlung von CPTSD ist multidimensional und erfordert einen personalisierten Ansatz, der die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt. Die wichtigsten Ansätze umfassen:
1. Traumafokussierte Therapien
EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Hilft, traumatische Erinnerungen neu zu verarbeiten und emotionale Belastungen zu reduzieren. Bei CPTSD ist oft eine zusätzliche Stabilisierung erforderlich, um die komplexen Symptome zu adressieren.
Prolonged Exposure Therapy (PE): Ermöglicht kontrolliertes Wiedererleben traumatischer Erinnerungen, um Reaktionen zu regulieren.
2. Stabilisierungsorientierte Ansätze
Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT): Wirksam bei der Regulation intensiver Emotionen und impulsiver Verhaltensweisen. Elemente wie Achtsamkeit, Interaktionsfertigkeiten und Krisenbewältigung sind zentral.
Skills-Training: Übungen zur Stressbewältigung, emotionalen Regulation und Achtsamkeit helfen, den Alltag besser zu meistern.
3. Bindungs- und Beziehungsarbeit
Bindungsbasierte Therapie: Fördert den Aufbau sicherer Bindungen und die Heilung von Bindungstraumata.
Paar- und Familientherapie: Unterstützt die Veränderung dysfunktionaler Beziehungsmuster.
4. Körperorientierte Ansätze
Somatic Experiencing: Hilft, traumatische Energien im Körper zu lösen und die Selbstregulation zu fördern.
Yoga und Atemübungen: Reduzieren Hypervigilanz und fördern Entspannung.
5. Kreative und narrative Therapien
Narrative Therapie: Ermöglicht Betroffenen, ihre traumatische Geschichte neu zu interpretieren und sich nicht ausschliesslich darüber zu definieren.
Kunst- und Musiktherapie: Schaffen sichere Räume für nonverbalen Ausdruck und emotionale Verarbeitung.
6. Spirituelle und achtsamkeitsbasierte Praktiken
Achtsamkeit und Meditation: Fördern Resilienz, Stressabbau und Selbstwahrnehmung.
Spirituelle Ansätze: Yoga, Rituale oder Gebet bieten Möglichkeiten, traumatische Erfahrungen in einen grösseren Sinnzusammenhang zu stellen.
Herausforderungen und Chancen
Die Behandlung von CPTSD ist oft langwierig und anspruchsvoll, doch sie ermöglicht Betroffenen, nicht nur ihre Symptome zu lindern, sondern auch eine tiefere Selbstwahrnehmung und ein erfülltes Leben aufzubauen.
Wie Dr. Bessel van der Kolk schreibt: «Heilung erfordert die Fähigkeit, das Trauma zu akzeptieren und gleichzeitig den Blick auf eine Zukunft zu richten, die nicht mehr von der Vergangenheit bestimmt wird.»
Der individuelle Ansatz zählt
Die wirksamste Behandlung von CPTSD basiert auf einem multimodalen Ansatz, der flexibel auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingeht. Die Kombination etablierter Methoden wie EMDR und DBT mit kreativen, körperorientierten oder spirituellen Ansätzen eröffnet einen individuellen Heilungsweg.
Quellen
Van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score.
Linehan, M. (1993). Skills Training Manual for Treating Borderline Personality Disorder.
Porges, S. (2011). The Polyvagal Theory.