Wie beeinflusst CPTSD das Vertrauen und die Fähigkeit zur Bindung in Beziehungen, Elternschaft und Partnerschaften?

CPTSD beeinflusst das Vertrauen und die Bindungsfähigkeit in Beziehungen erheblich. Betroffene kämpfen mit Misstrauen, Angst vor Nähe und instabilen Beziehungsmustern, die sowohl Partnerschaften als auch die Elternrolle belasten können.

Vertrauen und Bindung – fundamentale Elemente jeder Beziehung – werden durch die traumatischen Erfahrungen stark beeinträchtigt. Illustration: @yuda.aiii

Vertrauen und Bindung – fundamentale Elemente jeder Beziehung – werden durch die traumatischen Erfahrungen stark beeinträchtigt. Illustration: @yuda.aiii

Daniel Frei – CPTSD hinterlässt tiefe Spuren im Leben der Betroffenen, insbesondere in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Vertrauen und Bindung – fundamentale Elemente jeder Beziehung – werden durch die traumatischen Erfahrungen stark beeinträchtigt. Dies wirkt sich nicht nur auf Partnerschaften, sondern auch auf die Rolle als Elternteil aus. Die Herausforderungen, die CPTSD in Beziehungen mit sich bringt, zeigen, wie tiefgreifend die Auswirkungen der Störung sind, und unterstreichen die Notwendigkeit gezielter therapeutischer Unterstützung.

Trauma und Vertrauen: ein gestörtes Fundament

Vertrauen bildet die Basis jeder gesunden Beziehung. Menschen mit CPTSD kämpfen jedoch oft mit einem tiefgreifenden Misstrauen, das aus wiederholten traumatischen Erfahrungen resultiert. Besonders, wenn die Traumata in einem Umfeld stattfanden, das eigentlich Schutz und Sicherheit bieten sollte – wie in der Familie – wird Vertrauen schwer wiederherzustellen.

Betroffene neigen dazu, in Beziehungen:

  • Misstrauisch oder übervorsichtig zu sein, ständig nach Hinweisen auf potenzielle Verletzungen zu suchen.

  • Schwierigkeiten zu haben, sich auf andere einzulassen, aus Angst, erneut verletzt oder verraten zu werden.

  • Überangepasst (Fawn) zu reagieren, indem sie Konflikte um jeden Preis vermeiden, um die Beziehung stabil zu halten.

Dieses Misstrauen beeinflusst nicht nur romantische Partnerschaften, sondern auch Freundschaften und berufliche Beziehungen.

Bindungsfähigkeit: Nähe und Abhängigkeit als Herausforderung

CPTSD wirkt sich massiv auf die Fähigkeit zur Bindung aus. Menschen, die traumatische Bindungen erlebt haben – etwa durch Missbrauch, Vernachlässigung oder Gewalt – entwickeln oft widersprüchliche Gefühle gegenüber Nähe und Abhängigkeit.

Häufig beobachtete Muster sind:

  • Angst vor Nähe: Viele Betroffene meiden emotionale Intimität, da diese als potenziell verletzend wahrgenommen wird.

  • Abhängigkeit und Verlustangst: Andere Betroffene klammern in Beziehungen, aus Angst, allein gelassen oder abgelehnt zu werden.

Dieses Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Nähe und der Angst vor Verletzung führt oft zu instabilen oder konfliktreichen Beziehungen, die beide Seiten belasten.

Partnerschaften: Ein Balanceakt zwischen Nähe und Distanz

Romantische Partnerschaften stellen für Menschen mit CPTSD oft eine besondere Herausforderung dar. Die Symptome – von emotionaler Dysregulation bis zu Vermeidungsverhalten – können Konflikte verstärken und die Beziehung destabilisieren. Typische Herausforderungen sind:

  • Überreaktionen bei Konflikten: Kleine Meinungsverschiedenheiten können übermässige emotionale Reaktionen auslösen.

  • Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen: Misstrauen und Hypervigilanz führen oft dazu, dass Partner:innen sich zurückgewiesen oder missverstanden fühlen.

  • Gefühl der Isolation in der Beziehung: Betroffene ziehen sich emotional zurück, was die Nähe zum Partner erschwert.

Elternschaft: Herausforderungen und Chancen

Für Eltern mit CPTSD bringt die Erziehung eigener Kinder oft zusätzliche emotionale Belastungen mit sich. Die Elternrolle erfordert ein hohes Mass an emotionaler Stabilität und Bindungsfähigkeit, die durch die Symptome von CPTSD beeinträchtigt sein können.

Häufig auftretende Schwierigkeiten sind:

  • Projektion von Ängsten: Eltern könnten unbewusst ihre eigenen Ängste oder Traumata auf ihre Kinder übertragen.

  • Überreaktionen: Emotionale Dysregulation kann dazu führen, dass Eltern übermässig streng oder überfordert reagieren.

  • Schwierigkeiten, Nähe zuzulassen: Eltern mit CPTSD könnten Mühe haben, eine stabile Bindung zu ihren Kindern aufzubauen, aus Angst vor emotionaler Verletzlichkeit.

Gleichzeitig bietet die Elternschaft jedoch auch die Möglichkeit zur Heilung: Viele Eltern beschreiben, dass sie durch die Liebe zu ihren Kindern motiviert werden, sich mit ihrem eigenen Trauma auseinanderzusetzen und Heilung zu suchen.

Wie Therapie helfen kann, Vertrauen und Bindung zu stärken

Die Schwierigkeiten, die CPTSD in Beziehungen und der Elternschaft mit sich bringt, sind tiefgreifend, aber nicht unüberwindbar. Therapieansätze, die auf Trauma und Bindungsprobleme spezialisiert sind, können helfen, Vertrauen wiederherzustellen und die Fähigkeit zur Bindung zu stärken.

Wichtige Ansätze umfassen:

  • Traumatherapie: Verarbeitung der traumatischen Erfahrungen, um emotionale Muster zu durchbrechen.

  • Bindungstherapie: Förderung gesunder Bindungsmuster und Stärkung der Fähigkeit, Nähe zuzulassen.

  • Kommunikationstraining: Entwicklung von Fähigkeiten, Konflikte konstruktiv zu lösen und Bedürfnisse auszudrücken.

Beziehungen als Herausforderung und Heilungsweg

CPTSD erschwert es Betroffenen, Vertrauen aufzubauen und stabile Bindungen zu entwickeln. Diese Herausforderungen wirken sich sowohl auf Partnerschaften als auch auf die Elternrolle aus. Doch Beziehungen können auch Teil des Heilungsprozesses sein. Mit der richtigen Unterstützung und einem Verständnis für die Dynamiken von Trauma können Betroffene lernen, gesündere Beziehungen aufzubauen – und vielleicht sogar die Erfahrung von Bindung und Vertrauen neu zu entdecken.

Quellen

  • Van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma.

  • Herman, J. (1992). Trauma and Recovery: The Aftermath of Violence–From Domestic Abuse to Political Terror.

  • Walker, P. (2013). Complex PTSD: From Surviving to Thriving.