Wie unterscheidet sich CPTSD von ähnlichen psychischen Störungen wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung, chronischer Depression oder generalisierten Angststörungen?

CPTSD, Borderline-Persönlichkeitsstörung, chronische Depression und generalisierte Angststörungen – diese psychischen Erkrankungen können sich in ihren Symptomen ähneln, doch ihre Ursachen und die notwendige Behandlung unterscheiden sich erheblich. Während CPTSD meist durch lang anhaltende Traumata entsteht, stehen bei anderen Störungen genetische, entwicklungsbedingte oder umweltbedingte Faktoren im Vordergrund.

CPTSD, Borderline-Persönlichkeitsstörung, chronische Depression und generalisierte Angststörungen – diese psychischen Erkrankungen können sich in ihren Symptomen ähneln, doch ihre Ursachen und die notwendige Behandlung unterscheiden sich erheblich. Illustration: @yuda.aiii

Daniel Frei – Verschiedene psychische Störungen können ähnliche Symptome zeigen, was die Diagnose oft erschwert. Besonders die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) weist Überlappungen mit anderen Störungen wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS), chronischer Depression oder generalisierten Angststörungen auf.

Aber trotz gewisser Gemeinsamkeiten sind die Ursachen, Symptome und therapeutischen Ansätze von CPTSD einzigartig. Eine klare Abgrenzung ist entscheidend, um Betroffene gezielt behandeln zu können.

CPTSD und die Borderline-Persönlichkeitsstörung: Gemeinsame Merkmale, unterschiedliche Wurzeln

CPTSD und BPS werden häufig verwechselt, da beide mit intensiven emotionalen Reaktionen, Beziehungsschwierigkeiten und Problemen mit dem Selbstbild einhergehen. Doch die Ursachen dieser beiden Störungen unterscheiden sich grundlegend. CPTSD entsteht meist durch lang anhaltende Traumata, etwa durch Missbrauch, Vernachlässigung oder andere Formen chronischer Belastung. Die Symptome von CPTSD sind oft eine direkte Folge der erlebten Traumata und ihrer Auswirkungen auf die emotionale und psychische Entwicklung.

Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung hingegen spielen neben möglichen Traumata genetische und entwicklungsbedingte Faktoren eine wesentliche Rolle. Die emotionalen Schwankungen und impulsiven Verhaltensweisen bei BPS sind oft stärker ausgeprägt und treten auch ohne klar definierbare Traumata auf.

Ein weiterer Unterschied liegt im Umgang mit Beziehungen. Menschen mit CPTSD neigen häufig dazu, Beziehungen zu vermeiden oder sich aus Angst vor Verletzungen zu distanzieren. Menschen mit BPS hingegen suchen oft intensiv Nähe, empfinden Beziehungen jedoch als instabil und schmerzlich. Wie Dr. Marylene Cloitre, eine Expertin auf diesem Gebiet, erklärt: «Die Tiefe des Traumas bei CPTSD beeinflusst das gesamte Selbstbild, während die Borderline-Störung stärker von impulsivem Verhalten geprägt ist.»

CPTSD und chronische Depression: Warum es mehr als Traurigkeit ist

Chronische Depressionen und CPTSD können sich in Symptomen wie Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und dem Gefühl innerer Leere ähneln. Doch bei CPTSD ist diese Leere oft verbunden mit tiefen Scham- und Schuldgefühlen sowie einem gestörten Selbstbild. Betroffene von CPTSD beschreiben sich häufig als «kaputt» oder «unheilbar beschädigt», was auf die direkten Auswirkungen des Traumas auf ihre Identität hinweist.

Die Ursachen unterscheiden sich ebenfalls: Während chronische Depressionen durch ein komplexes Zusammenspiel von genetischen, biologischen und umweltbedingten Faktoren entstehen können, sind die Symptome von CPTSD klar auf wiederholte traumatische Erlebnisse zurückzuführen.

Das Trauma ist bei CPTSD der zentrale Auslöser, was die Behandlung in Richtung Traumaaufarbeitung und Stärkung der Resilienz lenkt, während bei Depressionen häufig medikamentöse und kognitive Therapieansätze im Vordergrund stehen.

CPTSD und generalisierte Angststörungen: Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen

Menschen mit CPTSD leiden häufig unter Ängsten, die mit den Symptomen einer generalisierten Angststörung (GAS) vergleichbar sind. Dazu gehören anhaltende Sorgen, innere Unruhe und Schlafprobleme. Doch während Ängste bei GAS diffus sind und sich nicht direkt auf ein bestimmtes Ereignis beziehen, hängen die Ängste bei CPTSD meist mit den erlebten Traumata zusammen.

Eine Person mit GAS könnte sich konstant um ihre Zukunft sorgen, ohne konkrete Auslöser zu identifizieren. Eine Person mit CPTSD hingegen könnte intensive Ängste vor bestimmten Orten oder Situationen entwickeln, die sie an das erlebte Trauma erinnern. Zudem geht CPTSD mit spezifischen Symptomen wie Flashbacks oder dem Gefühl anhaltender Bedrohung einher, die bei GAS fehlen.

Warum die richtige Diagnose zählt

Die korrekte Diagnose von CPTSD ist entscheidend, da die therapeutischen Ansätze spezifisch auf die Ursachen und Symptome der Erkrankung abgestimmt sein müssen. Menschen mit CPTSD benötigen oft Traumatherapie, die auf die Verarbeitung ihrer belastenden Erlebnisse und den Wiederaufbau eines positiven Selbstbildes abzielt.

Bei BPS hingegen steht die Regulation von Emotionen und Impulsivität im Fokus, während bei Depressionen die Behandlung von Stimmungsschwankungen im Vordergrund steht. Für Menschen mit generalisierten Angststörungen liegt der Schwerpunkt auf der Reduktion von Sorgen und dem Aufbau von Gelassenheit.

Dr. Bessel van der Kolk betonte: «Trauma ist ein Kernaspekt von CPTSD und unterscheidet es grundlegend von anderen psychischen Störungen. Nur durch eine präzise Diagnose können wir den Weg zur Heilung öffnen.»

Hoffnung und Heilung: Warum Wissen hilft

Die Unterscheidung zwischen CPTSD und anderen psychischen Störungen ist nicht nur eine Frage der Fachwelt. Sie ist essenziell, um Betroffenen das Gefühl zu geben, verstanden zu werden, und ihnen den Zugang zu geeigneten Therapieformen zu ermöglichen. Wer die spezifischen Merkmale von CPTSD kennt, kann gezielt Unterstützung suchen und sich auf den Weg zur Heilung machen.

Die Diagnose von CPTSD schafft Raum für Verständnis – für sich selbst, aber auch im Umgang mit anderen. Dieses Wissen hilft, die Unsicherheit und Verwirrung zu reduzieren, die oft mit psychischen Erkrankungen einhergeht, und es ermutigt Betroffene, Hilfe zu suchen und die Hoffnung auf ein erfülltes Leben nicht zu verlieren.

Quellen

  • Cloitre, M. et al. (2013). «The International Trauma Questionnaire: Development of a CPTSD Measure».

  • Herman, J. (1992). Trauma and Recovery: The Aftermath of Violence–From Domestic Abuse to Political Terror.

  • Van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma.

  • American Psychiatric Association (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5).