Bitcoin und Altcoins: Trend-Thema im US-Wahlkampf (und auf Putins Agenda)
Die Diskussion über Bitcoin und Altcoins hat sich von einer Nischen-Debatte zu einem zentralen politischen Thema entwickelt. Besonders im aktuellen US-amerikanischen Wahlkampf haben Bitcoin und Altcoins einen grossen Stellenwert eingenommen. Warum? Und warum zeigt auch Russland unter der Führung von Wladimir Putin Interesse an diesen digitalen Währungen? Über die Hintergründe dieser Entwicklung und darüber, welche Faktoren dazu führen, dass Kryptowährungen in der Politik zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Welche Faktoren führen dazu, dass Bitcoin und Altcoins in der Politik der USA und Russlands zunehmend an Bedeutung gewinnen? Illustration: Daniel Frei
Daniel Frei – Die USA gelten als eines der wichtigsten Zentren für die Entwicklung und Nutzung von Bitcoin, Altcoins, der Blockchain-Technologie. Die meisten grossen Krypto-Unternehmen haben ihren Sitz in den USA, und die regulatorischen Entscheidungen des Landes haben weltweit Auswirkungen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Bitcoin und Altcoins auch im politischen Diskurs immer präsenter werden. Doch es gibt spezifische Gründe, warum dieses Thema im Wahlkampf 2024 eine so prominente Rolle spielt.
Finanzielle Unabhängigkeit und staatliche Kontrolle
Ein zentraler Aspekt in der Diskussion ist die Frage der finanziellen Unabhängigkeit. Bitcoin und Altcoins erlauben den Nutzenden, Geld ohne die Kontrolle durch Regierungen oder Banken zu bewegen. Diese Eigenschaft macht sie besonders attraktiv in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und politischer Spannungen. Viele US-Bürger:innen, die dem traditionellen Bankensystem misstrauen, sehen in Kryptowährungen eine Möglichkeit, sich von staatlicher Kontrolle zu emanzipieren. Und im Wahlkampf 2024 nutzen Politiker:innen diese Stimmung.
Besonders Kandidierende, die eine geringere staatliche Einflussnahme befürworten, positionieren sich als Befürworter:innen von Kryptowährungen. Sie argumentieren, dass Bitcoin und Altcoins den Bürger:innen mehr Freiheit und Kontrolle über ihr eigenes Geld geben. Gleichzeitig kritisieren sie die mögliche Einführung eines staatlich kontrollierten digitalen Dollars (CBDC), der ihrer Meinung nach die finanzielle Überwachung durch den Staat verstärken würde (ähnlich wie dies bereits in China geschieht, welches als erstes grosses Land seit 2021 den digitalen Renminbi testet, eine digitale Zentralbankwährung, die von der People’s Bank of China ausgegeben wird).
Wirtschaftliche Vorteile und Innovation
Ein weiterer Grund, warum Bitcoin und Altcoins im US-Wahlkampf eine Rolle spielen, ist das wirtschaftliche Potenzial, das viele in der Blockchain-Technologie sehen. Bitcoin und Altcoins haben in den vergangenen Jahren eine enorme Wertsteigerung erfahren und bieten Investorinn:en im Ausgleich zum hohen Risiko hohe Renditen. Für Politiker:innen ist dies ein attraktives Thema, da sie damit die Innovationskraft der USA betonen können. Die Blockchain-Technologie wird oft als Symbol für Fortschritt und Innovation dargestellt, und viele Kandidatinn:en wollen sich als Förderer dieser Entwicklung positionieren.
Gleichzeitig gibt es jedoch auch kritische Stimmen. Einige Politiker:innen warnen vor den Risiken, die mit Bitcoin und Altcoins verbunden sind, wie Marktvolatilität, Betrug und die Nutzung für illegale Aktivitäten (wobei letzteres bereits erfolgreich vom US-Dollar bedient wird). Diese Debatte wird besonders von jenen geführt, die eine strengere Regulierung fordern.
Es ist daher nicht überraschend, dass Kryptowährungen im Wahlkampf 2024 ein kontroverses Thema sind, das unterschiedliche Positionen hervorruft.
Putins Interesse an Kryptowährungen: ein strategischer Schachzug?
Während sich in den USA Kryptowährungen als Wahlkampfthema etablieren, hat auch Russland unter Wladimir Putin begonnen, sich intensiver mit Bitcoin und Altcoins zu beschäftigen. Putins Interesse an digitalen Währungen ist jedoch nicht nur eine wirtschaftliche Überlegung, sondern hat auch geopolitische Hintergründe.
Umgehung von Sanktionen
Einer der Hauptgründe, warum Russland Interesse an Kryptowährungen zeigt, ist wahrscheinlich die Möglichkeit, Sanktionen zu umgehen. Seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 und dem Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 ist Russland mit erheblichen Wirtschaftssanktionen konfrontiert, die den Zugang zu internationalen Finanzmärkten erschweren.
Kryptowährungen bieten eine Möglichkeit, diese Sanktionen zu umgehen, da sie unabhängig von traditionellen Finanzsystemen funktionieren. Durch den Einsatz von Bitcoin und Altcoins könnte Russland Transaktionen durchführen, ohne dass westliche Regierungen diese kontrollieren oder blockieren können. Dies würde dem Land eine gewisse finanzielle Flexibilität in einer Zeit wirtschaftlicher Isolation verschaffen. Es ist daher verständlich, dass Putin das Potenzial von Kryptowährungen erkennt und versucht, diese Technologie für die Interessen Russlands zu nutzen.
Technologische Unabhängigkeit und Kontrolle
Ein weiterer Aspekt, der Putins Interesse an Kryptowährungen erklären könnte, ist das Bestreben nach technologischer Unabhängigkeit. Russland hat in den vergangenen Jahren verstärkt daran gearbeitet, sich von westlicher Technologie und westlichen Finanzsystemen unabhängig zu machen. Kryptowährungen könnten Teil dieser Strategie sein, da sie erlauben, ein unabhängiges Finanzökosystem aufzubauen.
Allerdings ist Russland auch daran interessiert, die Kontrolle über den Kryptomarkt zu behalten. Da Bitcoin von Natur aus dezentralisiert ist, könnte Russland versuchen, eigene, staatlich kontrollierte digitale Währungen zu entwickeln, um die Kontrolle über den Finanzfluss zu behalten und die Vorteile der Blockchain-Technologie zu nutzen.
Kryptowährungen als globales politisches Thema
Die Tatsache, dass Bitcoin und Altcoins im US-amerikanischen Wahlkampf und in der russischen Politik plötzlich zum Thema werden, zeigt, wie weitreichend die Auswirkungen von Kryptowährungen inzwischen sind.
Was als technisches Experiment begann, hat sich zu einem globalen Phänomen entwickelt, das nicht nur die Finanzwelt, sondern auch die Politik beeinflusst.
In den USA stehen Kryptowährungen für finanzielle Freiheit und technologische Innovation, während in Russland geopolitische und strategische Überlegungen im Vordergrund stehen.
Beide Entwicklungen verdeutlichen, dass Kryptowährungen weit mehr sind als nur eine Anlageklasse: Sie sind zu einem Instrument geworden, das von Regierungen und politischen Akteurinn:en genutzt wird, um ihre Macht und ihren Einfluss auszuweiten.