Warum gründen Sie nicht, werden Unternehmer:in? Zwölf Gründe gegen das Gründen (und die Lösungsansätze)
Selbstständig sein, ein eigenes Unternehmen gründen – die Idee klingt nach Freiheit, Selbstbestimmung und der Chance, die Welt mit einer eigenen Vision zu verändern. Doch die Realität sieht anders aus: Die meisten bleiben lieber angestellt. Warum? Angst vor dem Scheitern, fehlendes Startkapital oder der sichere Job im goldenen Käfig. Doch jede dieser Barrieren kann überwunden werden. Mit Mut, Anpassungsfähigkeit und der Bereitschaft, sich auf Ungewisses einzulassen, kann jede:r den Schritt wagen. Die perfekte Zeit gibt es nicht – die richtige Zeit ist, wenn Sie bereit sind. Gründen Sie!
Daniel Frei – Die Idee, selbstständig zu werden, ein eigenes Unternehmen zu gründen, hat einen besonderen Reiz. Nicht? Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und das Potenzial, die Welt mit einer einzigartigen, eigenen Idee zu verändern. Aber die Realität sieht anders aus: Die Mehrheit bleibt lieber angestellt, trotz der romantisierten Vorstellung vom selbstständigen, unternehmerischen Dasein. Warum? Was hält Sie zurück? Die zwölf häufigsten Gründe, um nicht Unternehmer:in zu werden und wie Sie die Hindernisse überwinden.
1. Angst vor dem Scheitern: der Albtraum der Start-ups
«Was ist, wenn es schiefgeht?» Diese Frage dürfte vielen schlaflose Nächte bereiten. Die Aussicht auf einen Misserfolg, begleitet von finanziellen Verlusten, zerstörtem Selbstwertgefühl und der Peinlichkeit, vor dem eigenen Umfeld zu scheitern, ist so einschüchternd, dass viele lieber in einem möglicherweise frustrierenden dafür aber sicheren Job bleiben.
Um diese Angst zu überwinden, hilft es, den eigenen Blickwinkel zu ändern: Scheitern ist in der Unternehmerwelt eine Etappe, kein Endpunkt. Der Unternehmer und Mit-Gründer von PayPal, Max Levchin, sagte: «Die meisten grossen Unternehmer sind gescheitert. Aber sie scheitern nach vorn.» Risikominimierung ist zudem durch kleine Testprojekte oder sogenannte MVP (Minimum Viable Products) möglich. Betrachten Sie Scheitern als Experiment – dann wird es weniger erschreckend, sogar zwingend, um zu einem marktfähigen Resultat zu kommen.
2. Kein Startkapital: Geld wächst nicht auf Bäumen
«Man benötigt Geld, um Geld zu verdienen» – dieser Spruch hält viele davon ab, überhaupt zu beginnen. Der Mythos der reichen Erben, die als Gründer:innen automatisch Erfolg haben, wird immer wieder bestätigt, wenn milliardenschwere Erfolgsgeschichten durch die Medien geistern. Doch die Realität ist auch eine andere: Die Mehrheit der Gründer:innen hat am Anfang nur sehr begrenzte finanzielle Mittel, klaubt sich zusammen, was zusammenklaubbar ist.
In einer Welt, in der Crowdfunding, Angel-Investments und Mikrokredite zur Verfügung stehen, sind fehlende finanzielle Mittel kein endgültiges Hindernis. Zudem kann man als «Lean Start-up» beginnen, das heisst mit minimalem Kapitalbedarf, um die Idee auf ihre Markttauglichkeit zu testen, bevor man investiert.
3. Mangel an Ideen: alles schon da?
«Es gibt doch schon alles!»: Der Gedanke, dass der Markt gesättigt ist und keine neuen Geschäftsideen benötigt, lähmt die Kreativität. Das stimmt jedoch nicht: In Wahrheit ist die Nachfrage nach neuen, anderen, zeitgemässen Produkten, Dienstleistungen oder innovativen Geschäftsmodellen ungebrochen hoch.
Der Fokus sollte nicht darauf liegen, etwas völlig Neues zu erfinden, sondern bestehende Ideen zu verbessern oder anders zu kombinieren. Der Schlüssel liegt darin, die Bedürfnisse der Kundschaft zu verstehen und zu erkennen, wo aktuelle Lösungen noch unzureichend sind.
4. Der sichere Job: goldener Käfig statt Abenteuerspielplatz
Viele bleiben lieber in ihrem festen Angestelltenverhältnis, obwohl sie das Gefühl haben, unterfordert oder gelangweilt zu sein. Der regelmässige Gehaltseingang und die Vorteile wie Krankenversicherung oder Pensionsansprüche wirken wie ein goldener Käfig.
Anstatt alles auf eine Karte zu setzen, kann man die Gründung auch nebenberuflich starten. Viele erfolgreiche Unternehmer:innen haben sich erst von ihrem Job verabschiedet, als ihr eigenes Projekt stabil war. Auf diese Weise kann man den Übergang fliessend gestalten und den sicheren Job als Sicherheitsnetz nutzen. Aber Obacht, auch die Arbeitsbelastung und die Verantwortung nehmen so exponentiell zu.
5. Komplexe Bürokratie: vom Papierkram erschlagen
Die Schweiz gilt im Vergleich zu anderen Ländern als gründungsfreundlich, aber je nach Branche und Kanton können die Anforderungen variieren. Von Handelsregistereinträgen über Steuerbewilligungen bis zu branchenspezifischen Genehmigungen – schnell fühlt man sich von Formularen und Vorschriften überfordert.
Der Weg durch diesen Papierkram lässt sich jedoch vereinfachen. Viele Kantone bieten Gründungsplattformen wie «EasyGov» oder «Startups.ch» an, die den administrativen Prozess erleichtern. Zusätzlich gibt es regionale Wirtschaftsförderungen, Gründungsberatungen und Organisationen wie das IFJ Institut für Jungunternehmen, die angehenden Unternehmer:innen mit kostenlosen Informationen, Workshops und Beratung zur Seite stehen.
Es lohnt sich, diese Unterstützung zu nutzen – so wird aus dem Bürokratiedschungel eine klar strukturierte Checkliste.
6. Fehlende Unterstützung: einsame Entscheidungen
«Meine Familie hält das für eine Schnapsidee», «Meine Freunde sagen, ich soll lieber die Finger davonlassen» – fehlende Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld ist ein oft unterschätzter Grund, warum viele den Schritt in die Selbstständigkeit nicht wagen. Das negative Feedback und der fehlende Rückhalt verunsichern, und man bleibt lieber im Bekannten.
Es gibt mittlerweile viele Netzwerke, in denen sich Gleichgesinnte treffen, austauschen und gegenseitig unterstützen. Von Gründer:innen-Stammtischen hin zu Online-Foren: Wer sich mit anderen Unternehmer:innen umgibt, bekommt oft den Mut, den es braucht, um gegen den Strom zu schwimmen.
7. Zeitmangel: 24/7-Karriere mit null Freizeit
Die Vorstellung, als Gründer:in rund um die Uhr verfügbar zu sein, schreckt viele ab. Tatsächlich berichten viele, dass sie zu Beginn ihrer Karriere nur noch gearbeitet haben und der Druck, alles selbst zu machen, überwältigend war.
Hier kommen Delegieren, Automatisieren und künstliche Intelligenz (AI) ins Spiel. Digitale Tools und KI-Lösungen können viele zeitintensive Aufgaben erheblich vereinfachen – sei es durch automatisierte Buchhaltung, KI-gestützte Kundenbetreuung oder Tools für Projektmanagement und Marketing. Gerade Start-ups können von diesen Technologien profitieren, um Prozesse effizienter zu gestalten und wertvolle Ressourcen zu sparen.
Ein klarer Zeitplan und das Setzen von Prioritäten helfen zusätzlich, Burn-out zu vermeiden. KI kann auch dabei unterstützen, indem sie Analysen liefert, Engpässe aufzeigt und Entscheidungen erleichtert. Start-ups sollten von Anfang an nicht nur ein Team aufbauen und Aufgaben klar verteilen, sondern auch die Möglichkeiten moderner Technologien nutzen, um ihre Arbeitslast zu reduzieren und den Fokus auf strategische Aufgaben zu legen.
Wer klug delegiert und KI geschickt einsetzt, gewinnt wertvolle Zeit – für das Wachstum des Unternehmens und für sich selbst.
8. Unternehmerische Fähigkeiten: das Unternehmer-Gen fehlt
«Ich bin einfach kein Unternehmertyp», sagen viele. Tatsächlich setzen viele Gründer:innen Fähigkeiten wie Verkaufstalent, Finanzmanagement und Führungskraft voraus, die nicht jede:r mitbringt. Die Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, hindert viele daran, überhaupt zu starten.
Unternehmerische Fähigkeiten können erlebt werden. Es gibt zahlreiche Kurse, Bücher und Programme, die sich auf die Entwicklung von Führungs- und Managementfähigkeiten konzentrieren. Zudem kann man sich gezielt Partner:innen suchen, die fehlende Kompetenzen ergänzen. Niemand muss alle Fähigkeiten perfekt beherrschen – das richtige Team ist entscheidend.
9. Komfortzone: Bequemlichkeit als grösste Hürde
Ein eigenes Unternehmen bedeutet Unsicherheit, lange Arbeitszeiten und ständige Herausforderungen. Das Sprichwort «Never change a running system» trifft hier den Punkt. Es ist oft einfacher, im gewohnten Trott zu bleiben, als die Komfortzone zu verlassen und sich neuen Risiken auszusetzen.
Kleine Schritte und ein bewusster «Komfortzonen-Exit-Plan» helfen. Man kann sich gezielt kleine Herausforderungen setzen, die einen aus der gewohnten Routine herausbringen. Mit der Zeit wird man sicherer und mutiger, grössere Schritte zu wagen.
10. Perfektionismus: die Idee muss «perfekt» sein
«Ich möchte erst starten, wenn alles perfekt ist.» Dieser Anspruch ist lähmend. Anstatt ins kalte Wasser zu springen, wartet man darauf, dass der «perfekte Moment» kommt. Doch in Wirklichkeit gibt es diesen Moment selten.
«Done is better than perfect» lautet das Motto vieler erfolgreicher Gründer:innen. Statt Perfektion anzustreben, sollte man sich auf Prototypen, Tests und schnelles Feedback fokussieren. Der Markt zeigt oft am besten, was funktioniert und was nicht. Fehler sind dabei erlaubt – sie sind sogar notwendig, um sich weiterzuentwickeln.
Perfektion gibt es nicht, es ist eine Idee, ein Konzept: forget it, it kills you.
11. Risikofreudigkeit: finanzielle Angst als Spielverderber
Der Gedanke, sein hart verdientes Geld aufs Spiel zu setzen, ist für viele abschreckend. Besonders in einem Umfeld, in dem finanzielle Sicherheit hochgeschätzt wird, wirkt der Unternehmer:innen-Geist leicht wie ein unverantwortliches Glücksspiel. Ein eigener Laden oder ein Start-up bringt schliesslich nicht nur Freiheit, sondern auch das Risiko des Totalverlusts mit sich. Die Möglichkeit, seine Ersparnisse zu verlieren und vielleicht sogar Schulden zu machen, lässt viele den Sicherheitsmodus einschalten.
Die Wahrheit ist, dass nicht jede:r Gründer:in ein:e Draufgänger:in sein muss. Finanzielle Vorsicht ist keine Schwäche, sondern ein wertvolles Kapital. Anstatt alles zu riskieren, hilft eine sorgfältige Planung. Wer sich gründlich mit Businessplänen, Finanzierungsmodellen und potenziellen Sicherheitsnetzen auseinandersetzt, kann Risiken kalkulierbarer machen. «Schaffe dir einen Plan B – und wenn nötig, auch einen Plan C», sagte schon Richard Branson, der selbst bekannte, niemals mehr zu riskieren, als er sich leisten kann zu verlieren. Schrittweise Investitionen, die nur einen Teil des Ersparten umfassen, sowie der Einsatz von Fördermitteln und öffentlichen Zuschüssen können das Risiko minimieren, ohne den Traum gleich ganz aufzugeben.
12. Zu Alt: der Jungbrunnen der Start-ups
Das Bild des erfolgreichen Jungunternehmers Mitte zwanzig ist in den Medien allgegenwärtig. Von Mark Zuckerberg bis Elon Musk scheinen alle Erfolgsgeschichten mit Jugendlichkeit und einer gewissen Unbekümmertheit verbunden zu sein. Kein Wunder, dass viele sich jenseits der 40 oder 50 fragen: «Bin ich nicht zu alt für diesen Zirkus?» Besonders die technologisch geprägten Start-ups scheinen einem agilen und energiegeladenen Jugendkult zu unterliegen.
Das Alter ist jedoch selten ein echtes Hindernis. Studien zeigen, dass die erfolgreichsten Gründer:innen im Schnitt Mitte 40 sind. Sie haben nicht nur mehr Lebenserfahrung, sondern auch ein tieferes Verständnis für Märkte und menschliche Bedürfnisse. Colonel Sanders, Gründer von KFC, startete mit 65 Jahren, und der japanische Unternehmer Masaru Ibuka gründete Sony erst mit Mitte 40. Wer älter ist, bringt Wissen, ein Netzwerk und möglicherweise sogar finanziellen Rückhalt mit – das kann ein unschätzbarer Vorteil sein. Statt zu denken, man sei zu alt, sollte man sich fragen: «Was kann ich aus meinem Erfahrungsschatz in das Unternehmen einbringen?» Das eigene Alter als Erfahrung und Expertise nutzen – dann wird es zum Wettbewerbsvorteil.
Es gibt keine perfekte Zeit: werde die Ausnahme
Die Gründe, warum die meisten Menschen keine Unternehmer:innen werden, sind zahlreich und oft tief verwurzelt. Doch jede dieser Barrieren kann überwunden werden – mit der richtigen Einstellung, den passenden Strategien und einem Netzwerk, das einen unterstützt. In der Welt der Start-ups gilt: «Man kann nur scheitern, wenn man es versucht hat.» Wer mutig ist, die eigenen Ängste überwindet und den Schritt ins Ungewisse wagt, findet vielleicht nicht nur Erfolg, sondern auch die Freiheit, die er oder sie immer gesucht hat.
Die Barrieren des Unternehmertums scheinen oft übermächtig – sei es aus Angst vor dem finanziellen Risiko oder der Befürchtung, zu alt für das Abenteuer zu sein. Doch in Wahrheit gibt es keinen perfekten Zeitpunkt, um zu gründen, und auch keine universelle Erfolgsvoraussetzung. Die richtige Zeit ist dann, wenn Sie es wollen und bereit sind, und die wichtigsten Voraussetzungen sind Mut, Anpassungsfähigkeit und Durchhaltevermögen. Am Ende kommt es nicht darauf an, wie alt Sie sind oder wie risikofreudig – es zählt, dass Sie es tun.
Also.
Warum gründen Sie nicht?
Gründen Sie!