Warum ich für ein absolutes Werbeverbot für Nikotinprodukte und alkoholische Getränke im öffentlichen Raum bin

Werbung umgibt uns überall, verkauft nicht nur Produkte, sondern auch Lebensgefühle, und manipuliert besonders bei gesundheitsschädlichen Substanzen wie Alkohol und Nikotin. Diese Werbepraxis führt zu verheerenden Folgen: Krankheiten, Sucht und finanzielle Belastungen. In der Schweiz sterben jährlich über 9'000 Menschen an den Folgen des Rauchens, während Alkoholmissbrauch zusätzlich enorme Kosten verursacht. Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte, kombiniert mit neutralen Verpackungen und staatlicher Verkaufsregulierung, könnte diese Last erheblich verringern. Länder wie Australien und Schweden zeigen, dass solche Massnahmen effektiv sind. Ist es an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln, um unsere Gesellschaft vor manipulativer Werbung zu schützen?

Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte im öffentlichen Raum, ergänzt durch neutrale Verpackungen und den Verkauf in staatlich kontrollierten Stellen, wäre ein einschneidender und entscheidender Schritt. Fotografie: Daniel Frei

Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte im öffentlichen Raum, ergänzt durch neutrale Verpackungen und den Verkauf in staatlich kontrollierten Stellen, wäre ein einschneidender und entscheidender Schritt. Fotografie: Daniel Frei

Daniel Frei – Stellen Sie sich vor, öffentliche Räume wären frei von den Lockungen der Alkohol- und Nikotinwerbung. Und fragen Sie sich, würde dies unser Leben und unsere Gesundheit verbessern?

Werbung ist allgegenwärtig: auf Plakatwänden, in den sozialen Medien, im Fernsehen. Sie verkauft uns nicht in erster Linie Produkte, sondern weckt unsere Sehnsüchte, stillt unsere Nöte, schafft Lebensgefühle und Identifikation. Besonders bei gesundheitsgefährdenden Substanzen wie Alkohol und Nikotin ist diese Praxis nicht nur fragwürdig, sondern gefährlich und die Folgen für die Gesellschaft sind verheerend: Krankheiten, Sucht, soziale und finanzielle Belastungen.

Trotzdem werden diese Produkte mit einer Leichtigkeit beworben, die ihren tatsächlichen Preis verschleiert. Sehen wir weiterhin zu, wie Leben zerstört werden, nur damit die Industrie ihre Gewinne maximieren kann? Oder ergreifen wir Massnahmen, um die Menschen – insbesondere Jugendliche – wirkungsvoll zu schützen?

Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte im öffentlichen Raum, ergänzt durch neutrale Verpackungen und den Verkauf in staatlich kontrollierten Stellen, wäre ein einschneidender und entscheidender Schritt.

Die manipulativen Mechanismen der Werbung

Werbung ist keine harmlose Information – sie manipuliert uns subtil und gezielt. Edward Bernays, der als Vater der Public Relations gilt, sagte: «Manipulation organisiert die Angelegenheiten der Massen; es ist ein wesentliches Element einer demokratischen Gesellschaft.» Diese Aussage zeigt, wie tief Werbung in unser Denken eingreift. Besonders bei Alkohol und Nikotin setzen Marketingstrategen gezielt auf emotionale Botschaften. Eine Zigarette im Mund eines Abenteurers oder ein Cocktail in der Hand einer lachenden Gruppe vermittelt ein Lebensgefühl, das weit über das eigentliche Produkt hinausgeht. Sie verknüpfen den Konsum mit Freiheit, Geselligkeit oder Abenteuerlust und normalisieren damit Produkte, die nachweislich Schaden anrichten.

Jugendliche im Fokus der Werbung

Jugendliche, die nach Zugehörigkeit und Identität suchen, sind für solche Botschaften besonders anfällig. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus 2021 zeigt, dass Tabakwerbung das Risiko um 30 % erhöht, dass Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Alkoholwerbung hat denselben Effekt: Sie macht das «cool» und senkt die Hemmschwelle, es auszuprobieren. Werbung spielt bewusst mit diesen Bedürfnissen – auf Kosten der Gesundheit und Freiheit junger Menschen.

Erfolgsmodelle aus anderen Ländern

Einheitsverpackungen haben das Potenzial, Produkte zu entzaubern. Australien hat diesen Schritt bereits 2012 für Tabakprodukte eingeführt – mit Erfolg. Seit der Einführung schlichter, einheitlicher Verpackungen ist die Zahl jugendlicher Raucher signifikant gesunken. Diese neutralen Designs zerstören die Markenidentität, die Produkte wie Zigaretten so anziehend macht. Studien zeigen, dass schlichte Verpackungen das Konsumbedürfnis reduzieren, indem sie die Produkte entmystifizieren und ihr Image von Luxus und Glamour brechen.

Ein ähnlicher Ansatz könnte auch für Alkoholprodukte wirken. Statt auffälligen Designs und luxuriösen Labels sollten neutrale Verpackungen im Vordergrund stehen. Eine Flasche ohne Markenidentität lädt weniger dazu ein, sie als Statussymbol wahrzunehmen. Stattdessen würde der Fokus auf dem eigentlichen Produkt liegen – und das wäre eine nüchterne, ehrliche Darstellung.

Verantwortung übernehmen

In der Schweiz sterben jedes Jahr über 9'000 Menschen an den Folgen des Rauchens – das sind 9'000 Geschichten, Familien, Leben, die durch eine vermeidbare Sucht verloren gehen. Hinzu kommen tausende Opfer des Alkoholmissbrauchs, deren Schicksale nicht nur Familien zerstören, sondern auch enorme Kosten verursachen. Laut der OECD belasten tabak- und alkoholbedingte Krankheiten unser Gesundheitssystem jedes Jahr mit Milliardenbeträgen. Diese Last tragen wir alle – sei es durch höhere Krankenkassenprämien oder durch den Verlust geliebter Menschen.

Schweden zeigt uns, wie effektive Regulierung aussehen kann: Dort wird Alkohol nur in staatlich kontrollierten Verkaufsstellen, den «Systembolaget», verkauft. Ohne Werbung und in einer nüchternen Atmosphäre bleibt der Konsum niedrig. Studien belegen, dass dieses Modell den Alkoholkonsum reduziert, ohne die Freiheit des Einzelnen zu beschneiden. Die Schweiz könnte von diesem Beispiel lernen. Ein Werbeverbot, kombiniert mit staatlicher Kontrolle, würde nicht nur Leben retten, sondern auch unsere Gesundheitskosten senken.

Werbeverbot statt Produktverbot

Kritikerinn:en fragen: Warum nicht die Produkte selbst verbieten? Weil ein vollständiges Verbot lediglich Schwarzmärkte schaffen und die Produkte durch Stigmatisierung noch attraktiver machen würde. Die Prohibition in den USA in den 1920er Jahren zeigt, wie ein solches Verbot Schmuggel und organisierte Kriminalität förderte, ohne den Konsum entscheidend zu verringern.

Ein Werbeverbot hingegen entzieht den Produkten ihren Reiz, ohne sie zu stigmatisieren. Es nimmt den Druck der manipulativen Botschaften aus der Gleichung und lässt den Menschen die Freiheit, selbst zu entscheiden – basierend auf klaren, ehrlichen Informationen, statt auf verführerischen Illusionen. Marshall McLuhan sagte einmal: «Werbung ist die grösste Kunstform des 20. Jahrhunderts.» Doch bei Produkten, die mehr schaden, als nutzen, sollte diese Kunstform enden.

Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte ist kein Eingriff in die Freiheit

Ein absolutes Werbeverbot für Nikotin- und Alkoholprodukte ist kein Eingriff in die Freiheit, sondern ein Schutzmechanismus. Es verhindert, dass Menschen – vor allem Jugendliche – durch manipulative Werbung in den Konsum gezogen werden. Mit einem Werbeverbot, neutralen Verpackungen und staatlicher Kontrolle könnten wir eine Gesellschaft schaffen, die Gesundheit und Freiheit über Profit stellt.

Die Frage ist nicht, ob wir etwas unternehmen können, sondern ob wir den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen. Lassen wir uns weiterhin von Werbung manipulieren, oder entscheiden wir uns für eine Zukunft, in der Gesundheit und Freiheit über Profit gestellt werden?

Quellen

  • WHO (2021). Global Youth Tobacco Survey.

  • Australian Government (2016). Impact of Plain Packaging on Tobacco Use.

  • Swedish Council for Information on Alcohol and Other Drugs (2019). Alcohol Consumption in Sweden.

  • Bundesamt für Gesundheit, Schweiz (jährlich). Gesundheitliche Folgen des Rauchens in der Schweiz.

  • OECD (jährlich). Health at a Glance.