Die süsse Verführung der Lokalität: Ein Blick auf die Gelateria di Berna und kreative Geografie oder Bärn i ha di gärn

Die Gelateria di Berna bemüht sich um ein lokales Image. Aber bei genauerer Betrachtung wird im Mindesten eine Aus-, wenn nicht eine Überdehnung geografischer Begriffe sichtbar. Während die Behauptung der Lokalität möglicherweise schmilzt wie Eis an einem heissen Sommertag, bleiben der Stolz auf Qualität und Geschmack unangetastet. Eine humorvolle Erkundung kreativer Geografie in Zeiten von Greenwashing und ein Appell für mehr geografische Ehrlichkeit in der Werbung.

Verkaufsfrigo der Gelateria die Berna in Zürich. Fotografie: Daniel Frei


Daniel Frei – Die Behauptung der Gelateria di Berna auf ihren Verkaufsfrigos, dass ihr Produkt «Fou» «lokal» ist, wirft bei mir Fragen zur Definition und Verwendung von «lokal» auf und worauf sich in diesem Fall «lokal» bezieht. Ist ein Produkt, das möglicherweise lokal produziert wird, immer noch lokal, wenn es national oder international vertrieben wird?

Lokal, regional, national: Begrifflichkeiten auf dem Prüfstand

Lokalität kann sich auf eine geografische Nähe bezüglich Produktion oder Bestandteile der Produkte beziehen, und im Fall von Lebensmitteln oft auf eine Produktionsstätte im Umkreis von bis zu 50 Kilometern. Doch die Gelateria hat ihren Sitz in Bern, gemäss Angaben auf ihrer Website «in einer stillgelegten Käserei am Fusse des Belpbergs». Auf der Strasse also mehr als 100 Kilometer von Zürich entfernt. Diese räumliche Entfernung bringt die Diskussion um die Begrifflichkeiten «lokal», «regional» und «national» auf den Tisch, wobei jede dieser Kategorien ihre eigene Bedeutung und Relevanz hat, je nach den zugrunde liegenden Parametern und Perspektiven.

Lokal - regional - national? Illustration: Daniel Frei


Swiss-Made: ein frostiger Stolz über die Alpen

Die Gelateria di Berna mag nicht lokal in Zürich, Basel oder jeder anderen Stadt sein aka produzieren, zumindest finde ich hierzu keinen Hinweis auf dem Netz. Die Swiss-Made-Qualität aber ist unbestreitbar und auch, dass die Marke profitiert von der Schweizer Herkunft und den damit verbundenen Assoziationen von Qualität, Tradition und Natürlichkeit. Die Verwendung lokaler Zutaten wie Milch, Nydle* und Saison-gerechter Früchte könnte ein Beleg für die Verpflichtung zur Qualität und zur Unterstützung lokaler Landwirte und Anbieter:innen sein, selbst wenn die exotischsten Früchte wie Bananen und Kiwis und die Vanille importiert werden müssen. Aber auch dazu aber macht die Gelateria auf ihrer Website keine Angaben. Wir wissen es also nicht.

Greenwashing: eiskalte Wahrheit hinter lokaler Maske?

Die Gelateria di Berna ist nicht die einzige Marke, die die geografischen Begriffe kreativ interpretiert. Um sich ein grüneres Image zu verleihen? Wenn ja, dann wäre es ein klassisches «Greenwashing», die Praxis, Produkte und Dienstleistungen umweltfreundlicher darzustellen, als sie sind. Ein wachsendes Problem in der Branche. Durch das Versprechen einer lokalen Herkunft, ohne die tatsächliche Entfernung zwischen Produktion und Verkauf zu klären, können Kundinn:en in die Irre geführt werden, was das wahre Ausmass des ökologischen Fussabdrucks eines Produkts betrifft.

Lokale Versprechungen: eine Überlegung wert

Es wäre möglicherweise ratsam, für die Gelateria di Berna, die Behauptung «lokal» ausserhalb Berns zu überdenken. Der Begriff «lokal» impliziert eine Nähe und Verbundenheit, die in diesem Fall nicht gegeben ist. Dies könnte zu Vertrauensverlust bei den Verbraucher:innen führen. Überdies könnte eine klare und ehrliche Kommunikation über die Herkunft und die damit verbundene Qualität der Produkte ein stärkeres, authentischeres Band zu den Kundinn:en schaffen. Und hei, mit Berna im Namen ist doch der Weg bereits angedeutet: Nomen es Omen.

Bärner Charme: ein Nydle-Topf voller Identität und Mundart

Oh, die Melodien des Berner Dialekts, die wie Honig über die Zungen der Berner:innen rollen und die Herzen der Auswärtigen öffnen und erfreuen. Die Gelateria di Berna kann den einzigartig Berner Charme nutzen, um ihre Identität zu festigen. Statt sich als lokale Anbieterin zu präsentieren, könnte sie sich mit Stolz als exquisite Berner Eiscreme-Exporteurin präsentieren, die nicht nur die Gaumen der Zürcher:innen erobert (expandieren die Macher:innen doch laufend in neue Städte).

Wie könnte die Gelateria di Berna Berner Lokalkolorit zelebrieren? 

  • Wie wäre es mit einem riesigen Berner Bären, der vor dem Geschäft steht und Kundinn:en mit einem «Grüessech, mir hei feini Glace für euch» begrüsst?

  • Oder sie könnten neue Eissorten einführen, die «Bärner Rose-Glace», ein «Zibelemärit-Zabaione» oder ein «Bäredräck-Sorbet».

  • Oder was wäre, wenn die Mitarbeiter:innen das Eis in traditionellen Berner Trachten servieren? Mit einem modernen Twist, um den Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne zu symbolisieren, und lokal produziert.

  • Oder was, wenn jede Kugel Eis mit einem charmanten «Merci viu mau» serviert wird, das die Kundinn:en nicht nur mit einem Lächeln, sondern auch mit einem Stückchen Berner Kultur zurück auf die Strasse schickt.

  • Oder wie wäre es mit einer humorvollen Marketingkampagne, die den Berner Stolz hervorhebt? Ein Slogan wie «Us Bärn, mit Liebi geschläckt» könnte die Herzen höher schlagen lassen und die wahre Herkunft der Gelateria di Berna feiern.

Eine Verneigung vor der Berner Tradition, serviert mit einem Augenzwinkern, einer Prise Humor und einem Löffel Mutze-Identität. Mögliche Wege, wie die Gelateria di Berna den lokalen Geist auf eine authentische, humorvolle und unvergessliche Weise einfangen, ohne vermeintliches Greenwashing zu bemühen.