Weitere Symptome und Auswirkungen von CPTSD: kognitive Einschränkungen
Zusätzlich zu den Kernsymptomen und emotionalen Belastungen führt die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) oft zu kognitiven Einschränkungen. Konzentrationsprobleme, Gedächtnislücken und Schwierigkeiten bei der Planung und Organisation gehören zu den häufigsten Herausforderungen für Betroffene. Diese Symptome können sowohl mit traumatischen Erfahrungen als auch mit neurobiologischen Veränderungen erklärt werden.
Zusätzlich zu den Kernsymptomen und emotionalen Belastungen führt die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) oft zu kognitiven Einschränkungen. Illustration: @yuda.aiii
Daniel Frei – Zusätzlich zu den Kernsymptomen und emotionalen Belastungen führt die komplexe posttraumatische Belastungsstörung (CPTSD) oft zu kognitiven Einschränkungen. Ein tieferes Verständnis dieser Aspekte ist entscheidend, um gezielt Hilfe zu leisten.
Kognitive Beeinträchtigungen: Konzentration und Gedächtnis im Ausnahmezustand
CPTSD wirkt sich häufig negativ auf die kognitiven Fähigkeiten aus, was Betroffene im Alltag stark einschränken kann. Zu den häufigsten Symptomen gehören Konzentrationsprobleme und Gedächtnislücken, die oft mit anderen neurodivergenten Bedingungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) oder ADD (Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität) verwechselt oder überlagert werden.
Typische Beeinträchtigungen
Konzentrationsprobleme: Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren. Selbst einfache Aufgaben fühlen sich überwältigend an, was zu Frustration und Erschöpfung führen kann. Diese Symptome ähneln stark denen von ADHS, weshalb die Unterscheidung zwischen CPTSD und ADHS oft herausfordernd ist. Wichtig ist dabei, dass Konzentrationsprobleme bei CPTSD häufig situations- oder traumagebunden auftreten, während sie bei ADHS dauerhafter und unabhängig von äusseren Faktoren sind.
Gedächtnislücken: Traumatische Erlebnisse werden oft fragmentiert abgespeichert, was nicht nur Erinnerungslücken über das Trauma selbst, sondern auch Probleme im Kurzzeitgedächtnis verursachen kann. Die neurobiologischen Veränderungen im Hippocampus, einer Region, die für Gedächtnis und Lernprozesse zuständig ist, spielen hierbei eine zentrale Rolle. Diese Hirnregion wird durch anhaltenden Stress beeinträchtigt.
Exekutive Dysfunktion: Betroffene kämpfen häufig mit einer verminderten Fähigkeit zur Planung, Organisation und Problemlösung. Diese Schwierigkeiten ähneln ebenfalls denen von ADHS/ADD und können sowohl durch die emotionale Belastung als auch durch neurobiologische Veränderungen verstärkt werden.
Verbindung zwischen CPTSD und ADHS/ADD
Die Symptome von CPTSD und ADHS/ADD überschneiden sich oft, darunter:
Impulsivität und emotionale Dysregulation: Beide Zustände gehen mit Schwierigkeiten einher, Impulse zu kontrollieren und Emotionen zu regulieren. Bei CPTSD sind diese jedoch häufig traumabezogen, während sie bei ADHS/ADD durch neurobiologische Unterschiede bedingt sind.
Hypervigilanz und Hyperaktivität: Bei CPTSD zeigt sich Hypervigilanz in Form von ständiger Wachsamkeit gegenüber potenziellen Gefahren, während Hyperaktivität bei ADHS oft ohne direkten äusseren Auslöser auftritt.
Wichtige Unterschiede:
Ein zentraler Unterschied liegt im Ursprung der Symptome:
ADHS/ADD ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die von Geburt an besteht.
CPTSD hingegen ist eine Reaktion auf anhaltende traumatische Erlebnisse, die später im Leben auftreten.
Dennoch ist es möglich, dass ADHS/ADD und CPTSD gleichzeitig vorliegen, was die Diagnose und Behandlung erschwert. Eine genaue Anamnese und die Berücksichtigung der Lebensgeschichte der Betroffenen sind essenziell.
Ansätze für gezielte Hilfe
Traumatherapie: Um die Wurzeln der kognitiven Beeinträchtigungen anzugehen, sollten traumafokussierte Ansätze wie EMDR oder somatische Therapien integriert werden.
Neurofeedback und Achtsamkeit: Diese Techniken können helfen, die Hirnaktivität zu regulieren und kognitive Fähigkeiten zu stärken.
Individuelle Anpassung von Strategien: Im Alltag können strukturierende Hilfsmittel wie To-do-Listen oder visuelle Hilfen Betroffenen helfen, besser mit Konzentrationsproblemen und Gedächtnisdefiziten umzugehen.
Medikamentöse Behandlung: Bei gleichzeitiger Diagnose von ADHS/ADD kann die Gabe von Medikamenten wie Stimulanzien erwogen werden, wobei die Auswirkungen auf die Trauma-Symptomatik sorgfältig beobachtet werden müssen.
Ein besseres Verständnis für die Interaktion zwischen CPTSD, ADHS und ADD ist entscheidend, um Betroffene nicht nur symptomatisch, sondern auch ursachenorientiert zu unterstützen.
Quellen
van der Kolk, B. (2014). The Body Keeps the Score: Brain, Mind, and Body in the Healing of Trauma. Penguin Books.
Herman, J. L. (1992). Trauma and Recovery. Basic Books.
Schweizerische Gesellschaft für Psychotraumatologie (2023). Komplexe Traumafolgestörungen und ihre kognitiven Auswirkungen.
Barkley, R. A. (2015). Attention-Deficit Hyperactivity Disorder: A Handbook for Diagnosis and Treatment. Guilford Press.
Yehuda, R., & LeDoux, J. (2007). Response Variation following Trauma: A Translational Neuroscience Approach to Understanding PTSD. Neuron, 56(1), 19–32.
Schweizerische ADHS-Gesellschaft (2023). ADHS im Erwachsenenalter und komorbide Störungen.