Selbsthilfemethoden und Techniken zur Stärkung des Nervensystems

Das Nervensystem von Menschen mit CPTSD steht oft im Ausnahmezustand – zwischen ständiger Alarmbereitschaft und lähmender Erschöpfung. Diese extremen Zustände haben nicht nur psychische, sondern auch körperliche Auswirkungen, von Schlaflosigkeit über chronische Schmerzen bis zu Verdauungsproblemen. Doch es gibt Wege, das Gleichgewicht wiederherzustellen: Atemtechniken, progressive Muskelentspannung und sanfte Bewegungsübungen wie Yoga oder somatische Ansätze bieten langfristige Unterstützung, um Stress abzubauen, die innere Ruhe zu fördern und die Resilienz zu stärken. Diese Methoden greifen tief und erfordern Geduld, sind jedoch für viele Betroffene ein Schlüssel zu mehr Stabilität und Lebensqualität.

Das Nervensystem von Menschen mit CPTSD steht oft im Ausnahmezustand – zwischen ständiger Alarmbereitschaft und lähmender Erschöpfung. Illustration: @yuda.aiii

Daniel Frei – CPTSD hat tiefgreifende Auswirkungen auf das autonome Nervensystem. Viele Betroffene befinden sich entweder in einem Zustand der Hypervigilanz, in dem der Körper ständig «auf Alarm» ist, oder in einem Gefühl der Lähmung und Erschöpfung. Dies kann zu körperlichen Symptomen wie Schlaflosigkeit, chronischen Schmerzen oder Verdauungsproblemen führen.

Das Ziel von Techniken zur Stärkung des Nervensystems ist es, dieses Ungleichgewicht zu regulieren. Sie helfen, den Sympathikus (der für Aktivierung zuständig ist) und den Parasympathikus (der Entspannung fördert) in Einklang zu bringen. Dabei geht es nicht um schnelle Lösungen, sondern um einen langfristigen Prozess der Beruhigung und Stärkung.

Atemtechniken: Den Atem als Werkzeug nutzen

Eine der wirkungsvollsten Methoden, das Nervensystem zu beruhigen, ist die bewusste Steuerung des Atems. Der Atem ist immer zugänglich und kann innerhalb weniger Minuten einen spürbaren Effekt haben.

Die 4-7-8-Atmung

Diese Technik ist einfach und dennoch kraftvoll: Sie atmen vier Sekunden ein, halten den Atem für sieben Sekunden an und atmen acht Sekunden aus. Dieses langsame und kontrollierte Atmen aktiviert den Parasympathikus und signalisiert dem Körper, dass keine Gefahr besteht. Sie eignet sich besonders gut für stressige Situationen oder vor dem Einschlafen.

Wechselatmung

Die Wechselatmung, auch «Nadi Shodhana» genannt, ist eine Methode aus dem Yoga. Dabei wird abwechselnd durch ein Nasenloch ein- und durch das andere ausgeatmet. Diese Technik fördert Balance im Nervensystem und unterstützt die Konzentration. So geht’s:

  • Setzen Sie sich bequem hin und schliessen Sie mit Ihrem Daumen das rechte Nasenloch.

  • Atmen Sie langsam durch das linke Nasenloch ein.

  • Schliessen Sie nun das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und öffnen Sie das rechte, um auszuatmen.

  • Wiederholen Sie diesen Vorgang für 5–10 Minuten.

Progressive Muskelentspannung: Spannung loslassen

Progressive Muskelentspannung (PMR) ist eine bewährte Methode, die durch gezieltes Anspannen und Loslassen von Muskeln Entspannung herbeiführt.

Anleitung für PMR

  • Suchen Sie sich eine ruhige Umgebung und legen Sie sich bequem hin.

  • Beginnen Sie mit den Füssen: Spannen Sie die Muskeln in den Zehen für fünf Sekunden an und lassen Sie dann bewusst los.

  • Arbeiten Sie sich systematisch durch den Körper, über die Beine, den Rücken, die Arme, die Hände bis zum Gesicht.

  • Spüren Sie nach jeder Entspannungsphase den Unterschied zwischen Anspannung und Loslassen.

PMR stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist und kann helfen, chronische Verspannungen zu lösen.

Bewegung und Atem verbinden: Yoga und sanfte Dehnübungen

Körperarbeit wie Yoga und sanfte Dehnübungen bieten eine hervorragende Möglichkeit, den Körper bewusst wahrzunehmen und gleichzeitig das Nervensystem zu beruhigen. Besonders für Menschen mit CPTSD kann diese Kombination von Bewegung und Atem eine Brücke schlagen, um das Körperbewusstsein zu stärken und Stress abzubauen. Hierbei liegt der Fokus nicht auf Leistung, sondern auf Achtsamkeit und dem Spüren des eigenen Körpers.

Traumafokussiertes Yoga

Traumafokussiertes Yoga ist speziell darauf ausgerichtet, ein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle im eigenen Körper zu fördern. Dabei werden langsame, einfache Bewegungen mit bewusstem Atmen kombiniert. Im Gegensatz zu anderen Yoga-Stilen ist das Ziel nicht, bestimmte Haltungen perfekt auszuführen, sondern achtsam mit sich selbst umzugehen.

Grundprinzipien des traumafokussierten Yogas:

  • Langsamkeit: Bewegungen werden bewusst und in einem Tempo ausgeführt, das sich angenehm anfühlt.

  • Wahlfreiheit: Es gibt keine festen Vorgaben; die Übungen können individuell angepasst werden.

  • Atemintegration: Jede Bewegung wird mit dem Atem verbunden, um die innere Ruhe zu fördern.

  • Körperwahrnehmung: Der Fokus liegt darauf, die Empfindungen im Körper wahrzunehmen und zu akzeptieren.

Beispielübung: «Die fliessende Welle»

  • Setzen Sie sich bequem im Schneidersitz oder auf einen Stuhl.

  • Atmen Sie tief ein und heben Sie die Arme seitlich langsam über den Kopf.

  • Beim Ausatmen lassen Sie die Arme langsam zurück nach unten sinken.

  • Stellen Sie sich vor, dass Ihre Arme wie Wellen fliessen. Wiederholen Sie die Übung für 5–10 Atemzüge.

Sanfte Dehnübungen

Sanfte Dehnübungen sind eine weitere Möglichkeit, Spannung im Körper zu lösen und gleichzeitig das Nervensystem zu regulieren. Sie können einfach in den Alltag integriert werden und benötigen keine spezielle Ausrüstung. Wichtig ist, dass Sie auf Ihren Körper hören und nur so weit gehen, wie es sich angenehm anfühlt.

Beispielübung: Schulterkreise

  • Sitzen oder stehen Sie aufrecht und entspannt.

  • Kreisen Sie Ihre Schultern langsam nach hinten, während Sie tief ein- und ausatmen.

  • Spüren Sie, wie sich die Verspannung in den Schultern löst.

  • Wiederholen Sie den Vorgang 5–10 Mal und wechseln Sie dann die Richtung.

Beispielübung: «Der Katze-Kuh-Fluss»

Diese Übung stammt aus dem Yoga und ist besonders wirksam, um Spannungen im Rücken zu lösen:

  • Gehen Sie in den Vierfüsslerstand, Hände unter den Schultern, Knie unter den Hüften.

  • Beim Einatmen heben Sie den Kopf leicht an, senken den Bauch Richtung Boden und strecken die Wirbelsäule (Kuh-Position).

  • Beim Ausatmen runden Sie den Rücken, ziehen das Kinn zur Brust und spüren die Dehnung im oberen Rücken (Katzen-Position).

  • Wiederholen Sie diese Abfolge 5–10 Mal in Ihrem eigenen Tempo.

Atemfokussierte Bewegungen

Ein zentrales Element bei diesen Übungen ist die Verbindung zwischen Atem und Bewegung. Atemfokussierte Bewegungen helfen dabei, den Parasympathikus zu aktivieren und dem Körper das Signal zu geben, dass er sich sicher entspannen kann.

Beispielübung: Seitliches Dehnen mit Atemintegration

  • Stellen Sie sich bequem hin oder setzen Sie sich auf einen Stuhl.

  • Atmen Sie tief ein und heben Sie den rechten Arm über den Kopf.

  • Lehnen Sie sich beim Ausatmen langsam zur linken Seite, spüren Sie dabei die Dehnung in der rechten Flanke.

  • Beim Einatmen kommen Sie wieder in die Ausgangsposition zurück.

  • Wechseln Sie die Seite und wiederholen Sie die Übung für 3–5 Atemzüge pro Seite.

Der Nutzen von Yoga und Dehnübungen bei CPTSD

Warum sie wirken

  • Förderung des Körperbewusstseins: Regelmässige Bewegung hilft, den eigenen Körper besser wahrzunehmen und sich mit ihm zu verbinden.

  • Reduzierung von Muskelverspannungen: Sanfte Bewegungen und Dehnungen lösen körperliche Spannungen, die oft durch chronischen Stress entstehen.

  • Beruhigung des Nervensystems: Die Kombination von Bewegung und Atem aktiviert den Parasympathikus, was zu einer tiefen Entspannung führt.

  • Verbesserung der Schlafqualität: Regelmässige Übungen vor dem Schlafengehen können helfen, schneller einzuschlafen und durchzuschlafen.

  • Förderung von Sicherheit: Langsame, kontrollierte Bewegungen in einem sicheren Raum geben dem Körper das Signal, dass keine Gefahr besteht.

Tipps für den Einstieg:

  • Beginnen Sie mit kurzen Übungseinheiten (5–10 Minuten) und steigern Sie sich allmählich.

  • Wählen Sie einen ruhigen, ungestörten Ort, an dem Sie sich sicher fühlen.

  • Nutzen Sie bequeme Kleidung, die Bewegungsfreiheit erlaubt.

  • Arbeiten Sie mit einem Yoga- oder Traumatherapie-Lehrer, wenn Sie sich unsicher fühlen.

Yoga und sanfte Dehnübungen sind eine sanfte, aber wirkungsvolle Möglichkeit, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Sie unterstützen dabei, die Auswirkungen von CPTSD zu lindern und langfristig Resilienz und Wohlbefinden zu fördern.

Somatische Übungen

Somatische Übungen sind ein zentraler Bestandteil von Körperarbeit bei der Verarbeitung von Trauma, insbesondere bei CPTSD. Sie basieren darauf, das Nervensystem durch gezielte Körperwahrnehmung und Bewegung zu regulieren. Der Ansatz von Somatic Experiencing, entwickelt von Dr. Peter Levine, zielt darauf ab, körperliche Spannungen und Energie, die durch traumatische Erlebnisse im Körper gespeichert wurden, schrittweise zu lösen. Diese Übungen helfen, die Verbindung zum eigenen Körper wiederherzustellen und ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu entwickeln.

Grundprinzipien somatischer Übungen

  • Langsamkeit und Achtsamkeit: Die Übungen werden bewusst langsam durchgeführt, um Raum für Selbstwahrnehmung zu schaffen.

  • Ressourcenorientierung: Der Fokus liegt auf positiven Empfindungen und dem Aufbau von innerer Stabilität, bevor schwierige Emotionen angesprochen werden.

  • Orientierung im Raum: Die Umgebung wird aktiv in die Übung einbezogen, um Sicherheit und Erdung zu fördern.

  • Abschluss von Stresszyklen: Der Körper wird unterstützt, unvollendete Reaktionen auf Stress oder Trauma abzuschliessen (z. B. Zittern oder Bewegung).

Technik 1: Pendelbewegungen

Die Pendelbewegung ist eine einfache Übung, die hilft, das Nervensystem zu beruhigen und die Wahrnehmung des eigenen Körpers zu fördern. Diese Übung fördert die Erdung und hilft, den Kontakt zur eigenen Körperwahrnehmung wiederherzustellen. Durch die sanften Bewegungen wird das Nervensystem reguliert, ohne es zu überfordern.

Anleitung:

  • Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl oder auf den Boden.

  • Stellen Sie beide Füsse fest auf den Boden, um ein Gefühl von Erdung zu schaffen.

  • Beginnen Sie, Ihren Oberkörper leicht nach vorn und zurück zu bewegen, wie ein Pendel.

  • Wechseln Sie nach einigen Minuten die Bewegung: Schwingen Sie den Oberkörper langsam von Seite zu Seite.

  • Spüren Sie dabei bewusst den Kontakt Ihres Körpers zum Boden oder zum Stuhl.

  • Atmen Sie ruhig und gleichmässig, während Sie die Bewegungen ausführen.

Technik 2: Orientierung im Raum

Diese Übung nutzt die Umgebung, um das Nervensystem zu beruhigen und das Gefühl von Sicherheit zu stärken. Sie lenkt die Aufmerksamkeit weg von inneren Stressoren hin zur äusseren Umgebung und vermittelt dem Körper und Geist das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle.

Anleitung:

  • Setzen Sie sich oder stehen Sie an einem ruhigen Ort.

  • Schauen Sie sich langsam um und nehmen Sie fünf Dinge wahr, die Sie sehen können. Dies könnten z. B. ein Fenster, eine Lampe oder ein Bild sein.

  • Spüren Sie bewusst den Kontakt Ihrer Füsse zum Boden oder Ihres Körpers zum Stuhl.

  • Bewegen Sie langsam Ihren Kopf und Ihre Augen, während Sie den Raum erkunden.

  • Atmen Sie ruhig ein und aus und nehmen Sie wahr, wie Ihr Körper auf die Übung reagiert.

Technik 3: Vibration und Zittern

Zittern und Vibration sind natürliche Reaktionen des Körpers auf Stress, die oft unterdrückt werden. Diese Übung hilft, aufgestaute Energien zu lösen, die im Körper gespeichert sind. Es fördert eine natürliche Regulation des Nervensystems.

Anleitung:

  • Stellen Sie sich bequem hin und lockern Sie Ihre Beine und Arme.

  • Beginnen Sie, Ihre Beine leicht zu schütteln, und lassen Sie die Bewegung allmählich auf Ihren gesamten Körper übergehen.

  • Zittern Sie sanft, als ob Sie versuchen, überschüssige Energie abzugeben.

  • Nach etwa einer Minute hören Sie langsam auf und spüren Sie nach, wie sich Ihr Körper anfühlt.

Technik 4: «Containment» (Einschliessen)

Diese Übung hilft, überfordernde Emotionen oder körperliche Empfindungen zu «halten», ohne von ihnen überwältigt zu werden. Sie hilft, intensive Emotionen oder körperliche Reaktionen einzurahmen und zu mildern und vermittelt ein Gefühl von Kontrolle und Selbstberuhigung.

Anleitung:

  • Legen Sie Ihre Hände sanft auf Ihren Bauch oder Brustkorb.

  • Atmen Sie tief ein und aus und spüren Sie die Wärme Ihrer Hände auf der Haut.

  • Sagen Sie sich innerlich: «Ich bin hier, ich bin sicher.»

  • Bleiben Sie bei der Übung, bis Sie das Gefühl haben, die intensiven Empfindungen im Körper haben sich beruhigt.

Technik 5: Mikrobewegungen

Mikrobewegungen sind kleinste, bewusste Bewegungen, die dazu dienen, den Körper schrittweise aus einem Zustand der Erstarrung oder Übererregung zu lösen. Diese Übung fördert die Aktivierung des Nervensystems auf eine sanfte, kontrollierte Weise. Sie stärkt das Gefühl, wieder Handlungsspielraum zu haben.

Anleitung:

  • Legen Sie sich oder setzen Sie sich bequem hin.

  • Beginnen Sie mit einer kleinen Bewegung, z. B. dem sanften Bewegen eines Fingers oder der Zehen.

  • Spüren Sie, wie sich die Bewegung auf den Rest Ihres Körpers auswirkt.

  • Erweitern Sie die Bewegung langsam auf andere Körperteile, z. B. die Hände oder den Kopf.

Somatische Übungen sind vielseitige und effektive Werkzeuge zur Regulation des Nervensystems. Sie arbeiten mit der natürlichen Intelligenz des Körpers, um gespeicherte Spannungen und Energien auf sanfte Weise zu lösen. Durch regelmäßige Anwendung können sie Menschen mit CPTSD helfen, ein stärkeres Gefühl von Sicherheit, Kontrolle und Wohlbefinden zu entwickeln.

Kleine Anker für den Alltag

Neben strukturierten Übungen gibt es kleine Techniken, die Sie jederzeit anwenden können:

5-4-3-2-1-Technik

Diese Achtsamkeitsübung bringt Sie zurück in den Moment:

  1. Nennen Sie fünf Dinge, die Sie sehen.

  2. Vier Dinge, die Sie hören.

  3. Drei Dinge, die Sie fühlen.

  4. Zwei Dinge, die Sie riechen.

  5. Eine Sache, die Sie schmecken.

Butterfly Hug

Diese Technik wird oft in der Traumatherapie verwendet:

1. Legen Sie Ihre Hände überkreuzt auf Ihre Schultern.

2. Klopfen Sie sanft und abwechselnd mit den Händen auf die Schultern.

3. Atmen Sie dabei ruhig ein und aus.

Kaltwasser-Therapie

Ein kurzes Eintauchen der Hände oder des Gesichts in kaltes Wasser kann den Vagusnerv aktivieren und die Herzfrequenz beruhigen.

Schüttelübungen

Durch bewusstes Schütteln des Körpers (z. B. Arme und Beine lockern) können aufgestaute Energien abgebaut werden. Diese Technik wird oft bei somatischen Ansätzen genutzt, um Stress körperlich loszuwerden.

Visualisierungen

Stellen Sie sich einen Ort vor, an dem Sie sich sicher und geborgen fühlen. Schliessen Sie die Augen, atmen Sie tief ein und tauchen Sie in diese Vorstellung ein. Diese Technik ist besonders hilfreich in Momenten der Überforderung.

Körper-Scans

Nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit, um bewusst durch Ihren Körper zu «reisen». Beginnen Sie bei den Füssen und arbeiten Sie sich bis zum Kopf vor, indem Sie die Empfindungen in jeder Körperregion wahrnehmen. Diese Übung fördert die Selbstwahrnehmung und Entspannung.

Die Kraft der Wiederholung: Warum Regelmässigkeit entscheidend ist

Selbsthilfemethoden wie Atemübungen, somatische Übungen, Yoga oder progressive Muskelentspannung sind keine einmaligen Lösungen, sondern Werkzeuge, die ihre volle Wirkung erst durch kontinuierliche Anwendung entfalten. Gerade für Menschen mit CPTSD ist diese Regelmässigkeit ein wesentlicher Schlüssel, um langfristige Veränderungen im Nervensystem zu bewirken und Resilienz aufzubauen.

Warum Wiederholung wichtig ist

  • Neuropathische Veränderungen: Das Gehirn und das Nervensystem sind plastisch – sie verändern sich durch wiederholte Erfahrungen. Regelmässige Praxis stärkt die neuronalen Verbindungen, die mit Ruhe und Sicherheit verbunden sind, und hilft, alte Stressmuster allmählich zu überschreiben.

  • Gewohnheitsbildung: Am Anfang mag es schwierig erscheinen, neue Techniken in den Alltag zu integrieren. Doch mit der Zeit wird die wiederholte Anwendung zur Gewohnheit, ähnlich wie das Zähneputzen, und erfordert weniger bewusste Anstrengung.

  • Vertiefte Wirkung: Mit jeder Wiederholung vertiefen sich die Effekte. Was anfangs vielleicht nur eine kleine Linderung bringt, kann mit der Zeit zu einer stabileren inneren Balance führen.

  • Vertrauen und Sicherheit: Wiederholte Übungen geben dem Körper und Geist das Signal, dass sie sicher sind. Dieses Vertrauen wächst mit der Zeit und macht die Techniken immer effektiver.

Tipps, um eine Routine aufzubauen

  • Kleine Schritte: Beginnen Sie mit nur wenigen Minuten pro Tag. Selbst eine kurze Atemübung oder ein kurzer Körperscan können einen Unterschied machen.

  • Feste Zeiten: Legen Sie bestimmte Tageszeiten fest, an denen Sie Ihre Übungen durchführen – z. B. morgens nach dem Aufwachen oder abends vor dem Schlafengehen.

  • Anknüpfen an bestehende Gewohnheiten: Verbinden Sie die neuen Übungen mit etwas, das Sie ohnehin tun, z. B. vor dem Zähneputzen oder während einer Teepause.

  • Erinnerungen setzen: Nutzen Sie Alarme, Post-its oder Apps, um sich an Ihre Praxis zu erinnern.

  • Geduldig bleiben: Es ist normal, dass es Tage gibt, an denen es schwerfällt, die Routine einzuhalten. Akzeptieren Sie diese Momente und versuchen Sie es am nächsten Tag erneut.

Die Bedeutung von Konsistenz über Perfektion

Es ist wichtiger, die Übungen regelmässig, auch in kleinen Dosen, auszuführen, als sie perfekt oder in grossen Einheiten zu machen. Selbst ein paar Minuten täglich können langfristig enorme Veränderungen bewirken. Denken Sie daran: Jeder kleine Schritt zählt und bringt Sie näher an ein stabileres Nervensystem.

Die Belohnung der Wiederholung

Viele Menschen berichten, dass sie mit der Zeit eine spürbare Verbesserung erleben:

  • Ein Gefühl von grösserer Kontrolle über ihre Emotionen.

  • Schnellere Beruhigung in stressigen Situationen.

  • Eine tiefere Verbindung zu ihrem Körper und ein wachsendes Gefühl von Sicherheit.

Mit der Zeit werden Selbsthilfemethoden nicht nur ein Werkzeug, um akuten Stress zu bewältigen, sondern auch ein Fundament für ein stabileres und erfüllteres Leben. Die Geduld, die Sie in die Wiederholung investieren, wird mit einem wachsenden Gefühl von Selbstvertrauen, innerer Ruhe und Resilienz belohnt.

Quellen

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